Aus dem Reise-Archiv: Indonesien – Bei den Mentawai
Wer einen Verlag für Individualreiseführer gründet, kann auch selbst auf eine reiche Reisegeschichte zurückblicken. Peter Rump zumindest ist sein Leben lang gereist – und hat beim Digitalisieren alter Dias so einige Schätzchen aus der Vergangenheit gefunden.
1988 reist er nach Indonesien und spontan auf die Insel Siberut, wo er in das Leben der Mentawai eintaucht:
"In Bukittinggi hatten uns ein paar nette Jungs angehauen, ob wir einen Besuch bei dem Volk der Mentawai machen wollten. Bis kurz zuvor hatten Gunda und ich noch nie etwas von Siberut oder den Einwohnern der Insel, den Mentawai, gehört. Wir fanden das verlockend und reisten erst nach Padang und dann per Schiff nach Siberut. Von hier aus ging es zwei Tage weiter auf einem Einbaum einen Fluss entlang und von dort durch den Wald. Stundenlang bewegten wir uns im verregneten Regenwald auf Pfaden, die knöchelhoch nur aus Matsch bestanden. Neben den Regengeräuschen hörten wir die ganze Zeit Trommelsignale, sahen aber niemanden. Unheimlich.
Nach einiger Zeit lichtete sich der Dschungel und wir erreichten ein großes, auf Stelzen stehendes Langhaus. Hier wohnte Pak Aman Patre mit seiner Sippe, etwa 30 Leute. Wir wollten ein paar Tage bleiben und unsere Guides boten dem Chef fünf Kilo Tabak an. Mentawais sind Kettenraucher, bauen aber keinen Tabak an. So funktioniert Tabak als Währung. 5 Kilo waren gut für 5 Tage Kost und Logis.
Mentawai sind von oben bis unten tätowiert. Männer tragen lediglich einen Lendenschurz, Frauen einen Sarong. Die langen Haare der Männer gelten als Sitz spiritueller Kraft. Man treibt keinen Ackerbau, sondern lebt vom Mark der Sagobäume, die hier wild wachsen, und von der Jagd. Dafür bauen sie kunstvolle Bögen und vergiften die Pfeilspitzen. Ihr Langhaus heißt Uma. Wir bekamen einen Platz auf dem Holzboden, eine Matte und ein Moskitonetz.
Im Langhaus sah es aus wie in einem Indiana-Jones-Film: Rundum hingen Schädel von Wildschweinen und Affen im Gebälk. Pak Aman erklärte uns, dass all dies die Beutetiere seien, die sie gejagt hatten. Die Geister der Tiere lebten nun im Uma. Wenn sie zur Jagd gingen, fragten sie vorher per Gedankenübertragung die Tiere des Dschungels, wer ins Uma einziehen wolle. Wenn sich ein Tier interessierte, kam es und ließ sich bereitwillig erlegen.
Die Mentawai sind schamanischen Glaubens. Jeden Abend versammelten sich alle im Uma, das einen doppelten Boden hat und als Resonanzkörper dient. Sie bildeten einen Kreis und stampften rhythmisch mit den Füßen: "um pa pa, um pa pa". In der Mitte gab der Schamane den Takt an, bis er in Trance fiel. Von diesem Chor ließen wir uns einschläfern und schliefen erstaunlich gut auf dem vibrierenden Holzboden.
Fortsetzung folgt, wenn ihr wollt."