Interview: 10 Fragen an Wanderblogger und Buchautor Andreas Schwientek

Image
Autor und Wanderblogger Andreas Schwientek

Andreas Schwientek ist Wanderer und Autor aus Leidenschaft. Regelmäßig verlässt er die Landeshauptstadt Stuttgart, um bei Wanderungen und anderen spannenden Outdoor-Aktivitäten die schönsten Ecken der Region zu entdecken und in seinem Blog „jungwandern.de“ zu beschreiben. Im August erschien sein Buch „Draußen – rund um Stuttgart“ im Reise Know-How Verlag mit 25 abwechslungsreihen Wander-, Rad- und Kanutouren. Wir haben ihm 10 Fragen gestellt und erfahren, was eine gute Wanderroute ausmacht, was man unbedingt im Wanderrucksack dabei haben sollte und welche Wanderregionen neben dem Stuttgarter Umland sehenswert sind.


Herr Schwientek, wie sind Sie zum Wandern gekommen?

Mit dem Wandern habe ich eher unbewusst angefangen. Offensichtlich konnte ich beim Wandern beruflichen Stress sehr gut verarbeiten. Das war vor ca. 6-7 Jahren. Mittlerweile bin ich fest davon überzeugt, dass das Ausblenden des Alltags, das Einatmen frischer und sauberer Luft, das Nichtvorhandensein von permanent Aufmerksamkeit erweckenden „Dingen“ dafür sorgen, dass der Kopf einfach wieder frei wird. Eine Wandertour hat etwas von „Reduzieren auf das Wesentliche“.  Durch die Fokussierung auf den Weg werden andere Dinge ausgeblendet. Überspitzt gesagt, stellt eine Wandertour eine kleine Meditation dar. Im Alltag werden wir förmlich mit Eindrücken bombardiert. Wenn Sie allein überlegen, welche Eindrücke bei einer Fahrt in U- oder S-Bahn gesammelt werden. Stress pur! Dagegen ist eine Wanderung durch den Wald die reinste Erholung.

Wie kamen Sie auf die Idee, einen Wanderblog zu starten?

Als Niederlassungsleiter in der Möbelbranche war eine der Nebentätigkeiten, Content für unseren Web-Auftritt zu erzeugen. Dabei wurde schnell klar, dass ich meine kommunikativen Fähigkeiten nicht nur verbal, sondern auch non-verbal zum Ausdruck bringen kann. Da ich von Natur aus ein heiterer Mensch bin, habe ich natürlich auch die ein oder andere Pointe unterbringen können.

Schnell wurde klar, dass ich mich gerne zum Thema „Bloggen“ weiter ausleben möchte. Daher habe ich privat den Wanderblog jungwandern.de online gestellt. Seitdem tobe ich mich hier kreativ aus. Mittlerweile sogar hauptberuflich und als Buchautor! Im Gegensatz zu anderen Blogs liegt mir hier am Herzen, jungwandern.de ein wenig lockerer anzugehen und mit humoristischen Pointen ein Lächeln in das Gesicht des Lesers zu zaubern. Und natürlich Interesse für das Nachwandern der beschriebenen Touren zu erzeugen.

Nach welchen Kriterien haben Sie die Routen für Ihr Buch ausgewählt?

Da ich selbst seit vielen Jahren ausschließlich mit dem ÖPNV unterwegs bin, sind sämtliche Touren innerhalb von max. 60 Minuten ab Stuttgart Hauptbahnhof mit Bus und Bahn erreichbar. Die Touren bieten viele Sehenswürdigkeiten, Kultur, coole Einkehrmöglichkeiten. Alle Touren sind auch mit mittlerer Kondition problemlos zu bewältigen. Sie sind häufig auch für Kinder und sogar mit Kinderwagen durchführbar. Ich sehe mich eher als „Genusswanderer“, sportliche Höchstleistungen reizen mich am Wandern eher weniger. Ich möchte auf der Tour eher etwas erleben, was ich im Alltag im Stuttgarter Kessel so nicht erleben kann. Ein „Kontrastprogramm“, wenn man so möchte.

Was macht eine gute Wanderroute/Tagestour aus?

Die Frage muss jeder für sich individuell beantworten. Für mich ist das ein oder andere Highlight auf der Tour immer wichtig. Das können Burgen oder Schlösser sein, Wasserfälle oder Quellen, geniale Aussichten oder Höhlen, gemütliche Einkehroptionen oder auch ganz oft das Kennenlernen von attraktiven, kleinen Orten. Gerade rund um Stuttgart gibt es so viele kleinere, sehr schöne Städtchen. Im Rahmen einer Wandertour können z.B. Fachwerkperlen wie Besigheim, Bietigheim-Bissingen, Bad Wimpfen, Schwäbisch Gmünd, Calw oder Waiblingen sein. Alles malerische Orte bei deren Besuch ich mir denke: „Warum bin ich hier noch nicht früher gewesen?“ Im Idealfall war die Tour ein kleines „Mikroabenteuer“, ein Ausflug aus dem Alltag, ein Hauch von Urlaub. Ich persönlich bin kein Fan von Höhenmetern oder Touren, die mich an den Rand der Erschöpfung bringen. Ich mag es, wenn die Tour eine bunte Mischung aus eher wenigen Höhenmetern, aber dafür viel Abwechslung bieten kann.

Was macht Stuttgart und Umgebung zu so einer schönen Wanderregion?

Der Punkt ist: Sobald man außerhalb Stuttgarts unterwegs ist, kommt man aus dem Staunen nicht heraus, was die Region alles zu bieten hat. Schlösser und Burgen, Höhlen und Aussichtspunkte, malerische Kleinstädte und Architektur, welche man im recht zweckmäßig erbauten Stuttgart vergeblich sucht.

Machen Sie doch mal einen Test. Fragen Sie Kollegen oder Bekannte, wann sie zuletzt im „Schwäbisch-Fränkischen Wald“ gewesen sind. Viele haben noch nie von diesem Naturidyll gehört. Nach einer Wanderung an den dortigen Strümpfelbach-Wasserfällen kann die Tour mit einem Sprung ins Wasser des Ebnisees beendet werden. Mehrere Biergärten laden dann zum Ausklang und Einkehr ein. Ich denke, viele Stuttgarter sind auf der Suche nach solchen Touren und wissen nicht, wo sie diese finden. In meinem Buch beschreibe ich einige davon.

Welche Wander- & Reiseziele begeistern Sie – außer Stuttgart?

Das kleine, überschaubare Slowenien hat mich vollends überzeugt. Ein echtes Outdoorparadies! Einige Etappen des „Alpe Adria Trails“ verlaufen entlang der smaragdfarbenen „Soca“. Zu Füßen der Julischen Alpen gelegen ist die Region für mich eine der schönsten Wanderregionen Europas. Madeira als Ganzjahreswandergebiet ist natürlich auch sehr attraktiv. Vor allem die Gipfeltouren am Pico Ruivo und Pico de Arieiro sind ein echtes Highlight im Leben eines Wanderers!

Sind Sie eher Genusswanderer oder sportlich unterwegs?

Definitiv Genusswanderer. Ich habe das Wandern für mich als Stressbewältigung entdeckt. Beim Wandern möchte ich gerne „meine Ruhe“ haben und mich auch nicht unbedingt körperlich verausgaben. Ausnahmen davon sind Mehrtagestouren. Da ist natürlich eine gewisse Fitness vorteilhaft.

Was sollte im Wanderrucksack nicht fehlen?

Mein Tipp: Eine Zeckenzange oder Zeckenkarte. Aufgrund des Klimawandels habe ich festgestellt, dass sich immer mehr Zecken nach einer Tour an meinem Körper befinden. Zecken fühlen sich in unseren Breitengerade, vor allem in Baden-Württemberg, zunehmend wohl. Um kein böses Erwachen in Form von FSME- oder Borreliose-Erkrankungen zu erleben, empfehle ich ganz klar, immer eine solche Zange oder Karte einzupacken. Besonders sinnvoll für Vielwanderer ist natürlich die FSME-Impfung, die ich wärmstens empfehle!

Was ist Ihre Lieblingsroute?

„Die“ eine Route gibt es nicht. Mal darf es gemütlicher zugehen, mal dürfen es ein paar Höhenmeter mehr sein. Bei prallem Sonnenschein geht es eher durch den Wald als auf offener Fläche. Die im Buch vorgestellten Routen haben daher auch unterschiedliche Längen und sind mit unterschiedlichen Schwerpunkten versehen. Im letzten Winter habe ich das „Winterwandern“ bei eisigen Temperaturen im Schwarzwald für mich entdeckt. Und wenn es geschneit hat, kommen dann gerne auch einmal die Schneeschuhe zum Einsatz!

Abschließend: Welches Erlebnis/Ereignis beim Wandern ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?

Da fällt mir spontan der laue Sommerabend in den slowenischen Bergen ein. Der angedachte Bus zurück fuhr nicht und mir wurde in einem fast menschenleeren Bergdorf nahegelegt, doch zu „hitchhiken“ (Trampen). „All right“, habe ich der Dame im einzigen Restaurant mit einem einzigen Gast mitgeteilt und mich auf die Straße begeben. Nachdem ich stundenlang kein Auto gesehen hatte, fuhr nun tatsächlich ein mit Elektro-Artikeln bepackter Polo an mir vorbei und hielt erst nach 200 Metern an. Der Telekommunikationstechniker „Rok“ war so nett und hat mich tatsächlich in mein 25 km entfernt gelegenes Hostel gefahren! Am Morgen drauf bin ich auf dem Weg zum Frühstück an der Rezeption vorbei gegangen, an welcher gerade Kabel neu verlegt wurden. Der Techniker hob den Kopf an und musste genauso lachen wie ich: Es war abermals „Rok“. Die Hostelbetreiberin war leicht irritiert, weil sie sich wunderte, woher wir uns kannten.

Passende Produkte